Bleiben oder nicht bleiben

Wie ich bereits angedeutet hatte, habe ich mittlerweile auch Unterricht im Kloster gegeben. Allerdings hat das Ganze etwas länger gedauert, bis es dazu überhaupt kam. Zwischendurch war auch nicht klar, ob ich hier überhaupt Unterricht machen kann, wodurch sich dann ebenfalls die Frage gestellt hat ob ich im Kloster bleibe oder in ein anderes wechsle. Aber alles nacheinander 😉
Im Vorfeld der Reise habe ich von der Organisation eine Übersicht bekommen wie die ersten Tage ablaufen. Unter anderem wurde gesagt, dass ich die ersten zwei bis drei Tage Sprachunterricht und Kulturprogramm habe. Ab spätestens dem vierten Tag sollte es dann zum eigentlichen Einsatzort gehen, um dort dann am darauffolgenden Tag mit dem Unterricht zu beginnen.
Der Anfang dieses Plans wurde sehr gut eingehalten. Ich war zwei Tage in Kathmandu und hatte Sprachunterricht und konnte mir einige wichtige Plätze in Kathmandu angucken. Auch wenn es am zweiten Tag einen außerplanmäßigen Stopp gab, da eine andere Freiwillige ihr Visum verlängern musste. Dadurch hatten wir an dem Tag nur Zeit für eine Sehenswürdigkeit.
Als es dann zum Kloster ging, hat sich herausgestellt, dass in der ersten Woche kein Unterricht stattfinden wird, da alle Mönche mit Prüfungen beschäftigt sind. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, mich zuerst mal ohne großen Stress zurecht zu finden. In der zweiten Woche gab es dann immer noch keinen Unterricht, da es ein großes Fest in Kathmandu gab. Dieses ging über mehrere Tage und jeden Morgen sind viele Mönche mit dem Bus dorthin gefahren und abends wieder zurückgekehrt. Also hieß es weiter warten. Dann in der dritten Woche meines Aufenthaltes hier im Kloster ging es dann in Sachen Unterricht voran. Auch wenn es eigentlich in der Woche keinen Unterricht gab, wurde extra für mich eine Klasse eingerichtet, in der ich unterrichten konnte. Ich weiß nicht genau wie bestimmt wurde wer da rein gehen sollte oder ob die Mönche sich das freiwillig aussuchen durften. Jedenfalls hatte ich da ca. zehn Mönche sitzen, bei denen ich unterrichten konnte. Auch hier hieß es am Anfang erstmal herauszufinden, welchen Stand die Mönche haben und wo ich anfangen muss mit dem Unterricht. Da hat sich die Situation schwieriger dargestellt als in der Schule. Während in der Schule alle etwa auf dem gleichen Level sind, waren die Mönche in meiner Klasse auf ganz unterschiedlichen Niveaus was ihre englischen Sprachkenntnisse betrifft. Es gab zum einen sehr junge Mönche, die vielleicht 6 oder 7 Jahre alt waren und wo ich am Anfang nicht mal wusste, ob die überhaupt schon lesen können. Dagegen gab es dann andere Mönche, die bereits 16 oder 17 Jahre alt waren und schon sehr gut Englisch sprechen konnten. Um sinnvollen Unterricht machen zu können, hätte ich die Mönche eigentlich in mindestens zwei Gruppen einteilen müssen. Da das aber nicht ging, habe ich irgendwie versucht, den kleinen und großen jeweils separate Aufgaben zu geben. Das war jedoch nur mittelmäßig erfolgreich. 🙁
Zu dem Zeitpunkt wusste ich schon, dass ein Großteil der Mönche am darauffolgenden Wochenende nach Indien aufbricht, um dort für mindestens einige Wochen zu sein. Also war mein Plan, diese erste Woche Unterricht halbwegs sinnvoll zu verwenden und danach zu schauen wie genau sich meine Klasse zusammensetzt. Für den Fall, dass ich da wieder so unterschiedliche Level antreffe, hatte ich mir vorgenommen, dann tatsächlich mehrere Gruppen zu bilden, die ich dann separat unterrichten kann.
Es gab jedoch noch ein Problem: Es war nicht klar wie viele Mönche im Kloster zurückbleiben. Ich habe verschiedene Mönche dazu gefragt und auch ob in der Zeit überhaupt Unterricht stattfindet. Darauf habe ich dann verschiedene Antworten bekommen. Manche haben mir gesagt, dass ca. 15-20 Mönche hier bleiben und es Unterricht geben wird, andere haben gesagt, dass niemand hier bleibt. Bis zum Tag vor der Abfahrt war das unklar, sodass ich mir ein wenig Sorgen gemacht habe. Denn wären tatsächlich alle gefahren, hätte ich mich ebenfalls darum kümmern müssen, dass ich in ein anderes Kloster oder einen anderen Ort kann. Auch wenn nicht alle fahren würden, es aber keine Möglichkeit gibt, zu unterrichten, hätte ich mir überlegt ob es nicht sinnvoll wäre, wo anders hinzugehen, da es ja mein ursprünglicher Plan war, hier zu sein, um zu unterrichten. 😉
Am Abend vor der Abfahrt wurde mir dann versichert, dass die kleinen Mönche, der Koch und ein paar ältere Mönche hier bleiben. Das hat mich schon mal beruhigt, da ich dann ebenfalls bleiben konnte. Auch wenn hier nicht alles perfekt ist, habe ich mich an die Situation gewöhnt und fühle mich ganz wohl hier. Und es war mir lieber hier zu bleiben, als mich an eine vollkommen neue Umgebung gewöhnen zu müssen, wo man erstmal schauen muss, wo man z. B. sauberes Trinkwasser herbekommt. Es wird hier jetzt in der Zeit, wo nur die Kleinen hier sind keinen offiziellen Unterricht geben, aber ich bin jeden Tag von zehn bis zwölf Uhr in der Bibliothek, sodass die Kleinen kommen können, um zu spielen oder zu lesen. Da das für die Kleinen freiwillig ist, sind natürlich nicht alle dann da, aber wenigstens kommen ein paar trotzdem. Ich versuche dann so gut es geht, mich mit denen zu unterhalten und ein paar Vokabelspiele zu machen. Dazu gibt es in der Bibliothek ein paar ganz gute Sachen. Zum Beispiel gibt es einige Pakete sogenannter “Flashcards”. Das sind Karten, auf denen Begriffe stehen, wozu es dann ein Bild gibt. Es gibt auch ein Bingo-Spiel mit einfachen englischen Begriffen. Meistens wollen die Kinder aber einfach in den Büchern blättern, wobei ich sie dann manchmal bitte vorzulesen und mir zu sagen wenn sie ein Wort nicht kennen.
Wahrscheinlich bricht bei den Lesern mit erziehungswissenschaftlichem Hintergrund bereits der kalte Schweiß aus wenn sie hören wie ich das hier gestalte. Aber momentan lässt sich hier nicht viel mehr veranstalten. Dafür habe ich meines Erachtens nach einige pädagogisch wertvolle Unterrichtsinhalte für die Schüler in der Schule entwickelt, mit denen man wahrscheinlich in Deutschland keine goldene Ananas gewinnen kann, die den Kindern aber hier Spaß machen und wo ich mir einbilde, dass sie dabei auch was lernen. Aber dazu an anderer Stelle noch mal etwas mehr. 😀
In einigen Tagen kommen die ersten Mönche aus Indien zurück. Angeblich soll es dann auch wieder regulären Unterricht geben und angeblich soll ich dann auch hier nicht nur Englisch unterrichten, sondern auch Mathe und so etwas wie Gesundheitswissenschaften. Aber warten wir mal ab was aus dieser Ankündigung wird. 😉

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