Woran merkt man, dass hier tiefster Winter herrscht? Spät am Nachmittag beginnt ein kräftiger, kalter Wind zu wehen, sodass ich mir abends meine Mütze aufsetze. Die Sonne, die einen sonst den ganzen Tag gewärmt hat, wird häufiger von Wolken bedeckt als sonst und morgens ist sogar etwas Frost auf den Feldern zu erkennen. Und es gibt natürlich immer weniger Strom am Tag. Gefühlt hatten wir die letzten Tage vielleicht vier Stunden am Tag Elektrizität. Das macht es etwas schwierig, sein Handy aufzuladen, wenn man tagsüber nicht die ganze Zeit zu Hause bleibt. Und abends hofft man dann, dass sobald der Uhrzeiger die volle Stunde überschreitet, das Licht angeht. Es ist dann schon etwas enttäuschend wenn das nicht passiert und man noch mindestens eine weitere Stunde darauf warten muss. 😉
Das hat jedenfalls dazu geführt, dass ich hier in letzter Zeit immer früher ins Bett gegangen bin. Wenn man hier abends sitzt und man keinen Strom hat, kann man nicht allzu viel machen. Von den kleinen Mönchen, die hier zurzeit nur sind, ist hier dann auch meist nichts mehr zu hören. Und nachdem man dann länger bei Kerzenlicht gelesen hat, denkt man sich, dass man auch einfach ins Bett gehen könnte.
Neulich war es tagsüber etwas frischer auf Grund des von mir erwähnten Windes, sodass ich mir noch einen Zitronentee gönnen wollte. Ich habe mir dann eins meiner Bücher geschnappt und bin in ein kleines Restaurant gegangen, das sich in der Nähe der Bushaltestelle befindet. Nach dem ersten Tee habe ich dann noch einen bestellt. Irgendwann hat sich dann der Besitzer zu mir gesetzt und gefragt wo ich denn herkommen würde. Ich habe ihm gesagt, dass ich aus Deutschland komme, was er mit Freude zur Kenntnis genommen hat. Er hat mir dann erzählt, dass er mal mehrere Jahre Deutsch gelernt hat, weil er im „Hattiban Resort“ (das Restaurant und Hotel auf dem „Gipfel“ des Berges vorm Kloster) gearbeitet hat. Und weil dort immer so viele Deutsche zu Gast waren, die nicht so gerne Englisch gesprochen haben, hat er dann einfach ein bisschen Deutsch gelernt, damit er sich mit den Gästen unterhalten kann. Nach der Zeit in dem Restaurant war er dann in Dubai und ist danach zurück gekehrt, um das kleine Restaurant aufzumachen. Er hat mir dann noch voller Stolz sein Grundstück hinter dem Gebäude gezeigt, wo er sein Gemüse (u. A. Zwiebeln, Blumenkohl, Spinat,…) selbst anbaut. Er hat mir auch von seinen Plänen erzählt, dass er in den nächsten vier bis fünf Jahren gerne ein kleines Gästehaus aufmachen würde. Das würde dann direkt an die Mauer zum Kloster grenzen.
Während ich ihm viel Erfolg für dieses Vorhaben gewünscht habe, sind wir zurück an meinen Tisch gegangen, wo er mir dann noch eine andere Geschichte erzählt hat. Er meinte, dass ihm die Deutschen am Liebsten wären, weil sie so viel für das Dorf hier getan haben. Das hatte ich hier vorher noch nicht gehört, deswegen wusste ich nicht genau was ich sagen sollte. Das hat der Restaurantbesitzer dann gemerkt und hat mir erzählt, dass ein paar Deutsche, die hier im Resort waren, angefangen haben, das Dorf finanziell zu unterstützen. Sie bezahlen an jeder Schule hier im Dorf eine Lehrerstelle, leisten finanzielle Unterstützung für einige Familien, um die Schulbildung zu finanzieren und sie haben die kleine Klinik hier im Dorf mit aufgebaut. Er ist dann sogar mit mir zu der Klinik gegangen und hat sie mir gezeigt. An der Klinik ist eine Tafel angebracht, auf der auf deutsch und nepalesisch steht, wer dabei geholfen hat, die Klinik aufzubauen: der Hattiban Förderkreis. In der Klinik arbeitet ebenfalls eine Frau, deren Gehalt von diesem Förderkreis bezahlt wird. Sogar die Schule, an der ich unterrichte wurde mit diese Unterstützung aufgebaut.
Weil ich Deutscher bin und die Deutschen hier im Dorf so viel Unterstützung geleistet haben, behandeln mich hier alle mit mehr Respekt als sie es bei Personen aus anderen Ländern machen würden. So zumindest die Worte des Restaurantbesitzers. Ich hoffe natürlich, dass man mich nicht nur deswegen so gut und freundlich behandelt, sondern dass es auch etwas mit meiner Person zu tun hat 😉
Dadurch, dass ich hier jeden Tag Kontakt zu den Kindern des Dorfes habe sowie zu ein paar Lehrern und auch abseits der Schule die Leute und ihre Traditionen kennenlernen kann, sind mir die Leute hier ans Herz gewachsen (ganz besonders natürlich die Kinder meiner Schule:) ). Ich weiß nicht genau wieso, aber ich glaube, dass mir die Dorfbewohner sogar etwas lieber sind als die Mönche im Kloster. Daher werde ich mich mal nach diesem Förderkreis erkundigen und dann eventuell auch beitreten, um dem Dorf auch nach meiner Abreise weitere Unterstützung zu kommen lassen kann 😉
Tiefster Winter
Schreibe eine Antwort
